Bild der Krankenhausreform als Puzzle mit fehlenden Teilen

Bild: R. Schaffert / Klinikverbund Hessen

Klinikverbund Hessen zu Details der Krankenhausreform:

Die fehlenden Teile der Reform

 |  Wiesbaden

Nach Ansicht des Klinikverbunds Hessen löst die anstehende Krankenhausreform die aktuellen und zukünftigen Probleme der Gesundheitsversorgung nicht. „Die demographische Entwicklung führt zu weniger Fachkräften und mehr Patientinnen und Patienten, Bürokratie und Komplexität behindern eine effektive Versorgung und entziehen ihr finanzielle und personelle Ressourcen, die meisten Regelungen in unserem Gesundheitssystem stammen aus dem letzten Jahrhundert und passen nicht mehr auf die aktuellen Rahmenbedingungen und die strukturelle Unterfinanzierung verstärkt diese Probleme noch und führt zu unkontrollierten Versorgungslücken“, analysiert Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen, die tatsächlichen Probleme.

Bereits heute gäbe es weitaus mehr Menschen, die ins Rentenalter kämen, als an Nachwuchs in den Beruf einstiegen. Diese Entwicklung werde in den nächsten zehn Jahren weiter zunehmen und den generellen Mangel an Fachkräften verstärken. Gleichzeitig gebe es mehr ältere Menschen, die altersbedingt auch einen zunehmenden Versorgungsbedarf hätten. Dass aufgrund der medizinischen Entwicklung die Menschen gesünder alt würden, sei eine vage Hoffnung und gleiche die demographische Entwicklung nicht aus. „Deshalb müssen wir uns Gedanken machen, wie wir in Zukunft mit weniger Menschen in klinischen Berufen mehr Menschen mit Versorgungsbedarf behandeln können“, stellt Schaffert fest. Ob dies allein durch die Konzentration spezialisierter Leistungen gelinge, wie in der Krankenhausreform vorgesehen, sei zu bezweifeln.

Es fehle ein klares Zielbild, wie die Gesundheitsversorgung in zehn Jahren aussehen solle. „Statt Konzepte zu entwickeln, welche Krankenhäuser wir wo brauchen werden und wie ambulante Versorgung aussehen soll, wird scheinbar darauf gewartet, dass Krankenhäuser in die Insolvenz gehen und schließen müssen und bei der Frage, wie angesichts des Alters der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte in ländlichen Regionen ambulante Versorgung überhaupt aufrechterhalten werden soll, gibt es gar keine Antwort“, stellt Schaffert fest.

Eine Reform der Krankenhausversorgung ohne Berücksichtigung des ambulanten Bereichs greife zu kurz. Zudem setze die Krankenhausreform lediglich darauf, dass die geplanten Leistungsgruppen zu einer Konzentration führen werden. Ob dieser Effekt tatsächlich in der gewünschten Form eintrete, sei fraglich. Das Problem des Fachkräftemangels werde dadurch auch nicht gelöst

„Wesentlich effektiver als die komplexe Krankenhausreform wäre eine deutliche Entbürokratisierung und Vereinfachung der Versorgung, denn aktuell beschäftigen sich Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal zu einem Drittel ihrer Arbeitszeit mit administrativen Aufgaben und werden dadurch von ihrer eigentlichen Tätigkeit der Versorgung von Patientinnen und Patienten abgehalten“, erklärt Schaffert. Eine schnelle und umfassende Entbürokratisierung könne diese Ressourcen sowie die in der Administration gebundenen finanziellen Mittel wieder für die Versorgung freisetzen. Das, was in den Eckpunkten zur Krankenhausreform als Entbürokratisierung angesehen werde, sei allenfalls ein Tropfen auf den heißen Stein und entlaste das Krankenhauspersonal kaum.

„Viele der Regelungen, die im Krankenhaus bürokratischen Aufwand verursachen, stammen aus dem letzten Jahrhundert und wurden wegen Rahmenbedingungen eingeführt, die heute nicht mehr gelten“, betont Schaffert. Dazu zähle beispielsweise die strikte Sektorenabgrenzung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sowie Regelungen zur Leistungsbegrenzung. Angesichts des Fachkräftemangels sowie steigender Personalvorgaben sei eine systemweite angebotsinduzierte Leistungsausweitung nicht mehr möglich. Daher brauche es keine Regelungen zur Mengensteuerung, wie beispielsweise den Fixkostendegressionsabschlag mehr.

Auch im Bereich der ambulanten Behandlung am Krankenhaus gebe es eine Vielzahl überflüssiger Regelungen sowie verschiedener Behandlungsformen und Abrechnungsarten. Dies soll auch bei den in Gesundheitszentren umzuwandelnden Krankenhäusern des Level Ii so gelten, was dem Ziel einer Behandlung über die Sektoren hinweg widerspreche. „Statt der Einführung immer weiterer Regelungen und Behandlungsformen mit immer weiterem bürokratischem Aufwand sollte die ambulante Behandlung am Krankenhaus zusammengefasst, vereinfacht und vor allem geöffnet und erleichtert werden“, fordert Schaffert. Nur so könne die Kapazität für mehr ambulante statt stationärer Behandlungen geschaffen werden. Dies sei gerade in ländlichen Regionen zum Ausgleich der altersbedingten Praxisschließungen nötig. Zudem gebe es bei ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten einen Trend zu angestellter Tätigkeit, ggf. in Teilzeit. Hier könnten Krankenhäuser eine Ideale Plattform bieten.

Die Gesundheitsversorgung werde jedoch aktuell vor allem durch die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser gefährdet. Weder die Investitionsförderung der Bundesländer noch die Vergütungen für die Krankenhausleistungen reichten aus, um die inflationsbedingt stark gestiegenen tatsächlichen Kosten zu decken. „Die meisten unserer Mitgliedskrankenhäuser haben ein finanzielles Defizit und legen für die Behandlung jeder Patientin und jedes Patienten fast 500 Euro drauf“, hat Schaffert berechnet. Nahezu jeden Tag werde in den Medien von einer Krankenhausinsolvenz berichtet. Die Krankenhäuser müssten wegen der unzureichenden Finanzierung drastische Sparmaßnahmen ergreifen, was sich auch auf das Personal und die Versorgung auswirke. „Egal, welche Anzahl an Krankenhäusern von Gesundheitsökonomen als notwendig erachtet wird: Wenn das Krankenhaus vor Ort schließen muss, empfindet die betroffene Bevölkerung dies als Verschlechterung der Versorgung“, betont Schaffert.

Sofern es bis zur Wirksamkeit der Krankenhausreform überhaupt noch eine ausreichende Krankenhausversorgung geben solle, müsse die strukturelle Unterfinanzierung sofort beendet und Investitionsförderung sowie Behandlungsvergütung rasch angehoben und den gestiegenen Preisen angepasst werden. Daher habe die deutsche Krankenhausgesellschaft auch zu einem Krankenhausaktionstag am 20. September aufgerufen, an dem sich auch der Klinikverbund Hessen beteilige.

„Für eine wirkliche Gesundheitsreform, mit der die Gesundheitsversorgung in den nächsten Jahren gesichert wird, braucht es ein übergreifendes Versorgungskonzept unter Berücksichtigung des zunehmenden Fachkräftemangels, eine deutliche Entlastung von Bürokratie, die Aufhebung überkommener Regelungen, die Möglichkeit für eine offene ambulante Behandlung am Krankenhaus sowie vor allem eine ausreichende Finanzierung die an Inflation und Tarifsteigerungen angepasst ist“, fordert Schaffert.

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