Bild in Form einer Medikamentenwerbung für die "Medikamente" Krankenhausreform und Transparenz

Grafik: Reinhard Schaffert (cc-by-sa)

Klinikverbund Hessen zu Details der Krankenhausreform

Bessere Qualität: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Gesundheitsminister

 |  Wiesbaden

Die Verbesserung der Behandlungsqualität wird als eines der wesentlichen Ziele der Krankenhausreform genannt. Auch das von Gesundheitsminister Lauterbach wegen des Widerstandes der Länder aus dem eigentlichen Reformprozess ausgegliederte Krankenhaustransparenzgesetz soll der Verbesserung der Qualität dienen. Für den Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen, Reinhard Schaffert, muss die Versorgungsqualität jedoch differenzierter betrachtet werden als es in der aktuellen Diskussion um Krankenhausreform und Transparenzgesetz geschieht.

Aus seiner Sicht gebe es drei Punkte, die bei der aktuellen Qualitätsdiskussion zu kurz kämen: „Erstens ist der Blick zu eingeschränkt auf die Krankenhausversorgung, zweitens geht sie teilweise an den tatsächlichen Bedürfnissen der Bevölkerung vorbei und drittens ist das aktuelle Handeln – oder besser nicht-Handeln – der Regierung derzeit eher ein Risiko für die Qualität der Gesundheitsversorgung“, meint Schaffert.

Die eingeschränkte Sicht auf die Krankenhausversorgung habe wiederum zwei Aspekte, einmal bezogen auf die Leistungserbringung, zum Zweiten in Bezug auf die Patientinnen und Patienten.

So gebe es einen eklatanten Unterschied in den Qualitätsanforderungen und der Qualitätstransparenz zwischen der stationären und der ambulanten Versorgung. „Nur, weil es im Krankenhausbereich leichter ist und mehr Daten vorliegen, die Qualitätsdebatte ausschließlich auf die Kliniken zu beziehen und sie letztlich für den Gesundheitszustand und die Behandlungsergebnisse bestimmter Erkrankungen verantwortlich zu machen, greift zu kurz“ ist Schaffert überzeugt. Die Gesundheitsversorgung insgesamt sei nur dann gut, wenn die gesamte Behandlungskette funktioniere und ein fließender Übergang zwischen Primärversorgern und den für die jeweilige Erkrankung und den Behandlungsbedarf geeigneten Spezialisten und Einrichtungen möglich sei. Gerade im Grenzbereich zwischen ambulanter und stationärer Versorgung gebe es jedoch einen Flickenteppich aus verschiedenen Behandlungsformen mit jeweils eigenen Zugangs- und Abrechnungsregeln. Für die Patientinnen und Patienten bedeute dies Brüche und Verzögerungen durch unterschiedliche Behandler mit jeweils eigenen Terminvereinbarungen. „Eine Vereinheitlichung und Vereinfachung der komplexen klinisch-ambulanten Versorgung könnte – beispielsweise bei zeitkritischen Behandlungen wie der Krebsdiagnostik – den Ablauf erheblich beschleunigen und die Versorgungsqualität verbessern – ganz abgesehen von der damit verbundenen Bürokratieentlastung“, betont Schaffert.

Aus Sicht der zu versorgenden Bevölkerung habe die ausschließliche Fokussierung der Qualitätsmaßnahmen auf die stationäre Behandlung ebenfalls negative Nebenwirkungen. „Auch wenn der Anspruch auf bestmögliche stationäre Behandlung nachvollziehbar ist, muss klar sein, dass steigende Qualitätsanforderungen für stationäre Leistungen und zunehmende Zentralisierung die Behandlungskapazitäten einschränken und die Erreichbarkeit verschlechtert – dies wird jedoch in keiner Weise diskutiert“, stellt Schaffert fest. Die beste Behandlungsqualität mache keinen Sinn, wenn behandlungsbedürftige Patientinnen und Patienten wegen der Qualitätsvorgaben nicht mehr aufgenommen werden könnten oder die Behandlung wegen zu weiter Entfernungen zu spät komme – beim Schlaganfall zum Beispiel heiße es ‚time is brain – Zeit ist Gehirn‘ und es komme hinsichtlich der Folgen auf jede Minute bis zur Behandlung in einer Schlaganfalleinheit an.

Ein weiterer Aspekt sei, dass es für die Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige noch eine Reihe weiterer subjektiver Qualitätskriterien gebe, wie die Möglichkeit von Besuchen und die Berücksichtigung ihrer individuellen Bedürfnisse und Wünsche. „Es wird so getan, als wäre Gesundheitsversorgung ein standardisierter industrieller Prozess, bei dem die Individualität der Patientinnen und Patienten unbedeutend ist und völlig ausgeblendet wird“, meint Schaffert. Für die Patientinnen und Patienten spielten diese subjektiven Qualitätsaspekte jedoch eine sehr große Rolle. Zudem müsse bei den zahlenbasierten Auswertungen von Behandlungsergebnissen auch die Lebensqualität berücksichtigt werden. Viele Patientinnen und Patienten wünschten gar keine Maximalmedizin auf Kosten der Lebensqualität, sondern hätten sich beispielsweise durch Patientenverfügungen für eine palliative Behandlung entschieden. „Nicht jedes Behandlungsergebnis ist in Überlebensjahren zu messen, für viele Menschen kommt es darauf an, die restliche Lebenszeit schmerz- und belastungsfrei sinnvoll und bewusst mit ihren Angehörigen und Freunden verbringen zu können“, erklärt Schaffert.

Die Förderung der Behandlungsqualität werde zudem durch die derzeitige strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhausversorgung konterkariert. „Die derzeitige defizitäre Finanzsituation von über 80 Prozent der Krankenhäuser kann nicht zur Qualitätsverbesserung beitragen, denn der Zwang zu Einsparungen und erst recht ein Insolvenzverfahren haben natürlich Auswirkungen auf die Versorgungsqualität“, betont Schaffert. Vielmehr sei die derzeitige Situation eine Abwärtsspirale, denn der wirtschaftliche Druck schade auch der Motivation des Personals, was den allgemeinen Personalmangel in den Kliniken noch verstärke. „Die bewusste strukturelle Unterfinanzierung der Kliniken verschlechtert die Versorgung, die Politik nimmt dies billigend in Kauf und Minister Lauterbach erklärt sogar eindeutig, nichts dagegen unternehmen zu wollen“, erklärt Schaffert. Deshalb machten die Krankenhäuser bei einem Krankenhausaktionstag am 20. September noch einmal öffentlich auf die prekäre Lage aufmerksam.

In der aktuellen Qualitätsdiskussion werde den Kliniken und damit auch den dort Beschäftigten mangelnde Qualität unterstellt, die als ‚Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren‘ – wie es in der Begründung zum Krankenhaustransparenzgesetz heißt – dringend verbesserungsbedürftig sei. „Jeder Arzt, jede Ärztin, jede Pflegeperson und alle, die im Krankenhaus arbeiten leisten eine qualitativ hochwertige Versorgung und Behandlung der sich ihnen anvertrauenden Patientinnen und Patienten. Für sie ist eine solche Begründung für ein Gesetz ein Schlag ins Gesicht“, sagt Schaffert. Daher seien auch die klinischen Beschäftigten in den Krankenhäusern aufgerufen, beim Krankenhausaktionstag am 20. September Flagge zu zeigen.

Natürlich sei Qualität immer zu überprüfen und zu verbessern. Dabei sollten jedoch die Schwerpunkte dort gesetzt werden, wo das Verbesserungspotenzial am größten sei, die Auswirkung der Maßnahmen auf andere Bereiche müssten bedacht werden und die tatsächlichen Bedürfnisse der Betroffenen sollten im Mittelpunkt stehen. „Vor allem sollte jedoch das aktuelle Handeln mit den öffentlich geäußerten Zielen übereinstimmen und ihnen nicht so eklatant entgegenstehen, wie es durch die strukturelle Unterfinanzierung der Krankenhäuser derzeit der Fall ist“, betont Schaffert.

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