Gemälde: Sturm auf die Bastille, die Bastille ist ein Krankenhaus

Klinikverbund Hessen zu Details der Krankenhausreform:

„Revolution“ und „Entökonomisierung“ der Krankenhausversorgung?

 |  Wiesbaden

Gesundheitsminister Lauterbach bezeichnet die Krankenhausreform als Revolution, mit der die Krankenhausversorgung entökonomisiert werden solle. „Eine Revolution – also eine grundlegende Umwälzung – ist diese Krankenhausreform nicht und in Zeiten knapper personeller und finanzieller Ressourcen sollten diese in der Gesundheitsversorgung erst recht ökonomisch eingesetzt werden“, stellt der Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen Reinhard Schaffert klar.

Die Einführung der Leistungsgruppen und die teilweise Umstellung der Krankenhausfinanzierung auf ein Vorhaltebudget sei sicher eine große Herausforderung, ändere jedoch nichts an der derzeitigen strukturellen Unterfinanzierung der Krankenhäuser. „Die Reform hat insofern vielleicht Ähnlichkeiten mit Revolutionen, als dass sie Opfer fordert und fraglich ist, ob sie erfolgreich wird“, stellt Schaffert fest. Doch diese Gemeinsamkeiten meine Minister Lauterbach vermutlich nicht, wenn er den Begriff verwende. Im Zuge der Krankenhausreform sei geplant, etwa 40 Prozent der bisherigen Krankenhauserlöse aus den DRG-Fallpauschalen über das Vorhaltebudget neu zwischen den Krankenhäusern zu verteilen. Dies entspreche einem Betrag von rund 24 Milliarden Euro. Eine Umverteilung in dieser Höhe sei äußerst komplex und es bestehe das Risiko, dass es zu Verwerfungen und neuen Fehlanreizen in der Krankenhausfinanzierung kommen werde. Daher müssten die Kriterien und Details für die Ausgliederung aus den DRG-Fallpauschalen und die Verteilung über die Leistungsgruppen sorgfältig und gewissenhaft geregelt werden. Unabhängig davon werde es am Ende sicherlich Krankenhäuser geben, die durch die Reform in der Finanzierung besser als bisher gestellt werden, während andere Kliniken dadurch Einnahmen verlieren. Es handele sich zudem nur um eine Umverteilung, eine für eine auskömmliche Finanzierung der Krankenhäuser notwendige Steigerung der zur Verfügung stehenden Beträge sei ausdrücklich ausgeschlossen.

Sofern unter dem Schlagwort Entökonomisierung gemeint sei, die Reform nehme den ökonomischen Druck von den Krankenhäusern und insbesondere deren Personal, wäre dies eine realitätsferne Augenwischerei. „Solange die Krankenhäuser durch mangelnde Investitionsförderung der Länder und die nicht an die Preis- und Tarifsteigerungen angepassten Behandlungserlöse weiterhin strukturell unterfinanziert sind, bleibt auch der ökonomische Druck bestehen“, ist Schaffert überzeugt. Eher werde im Gegenteil der Druck noch größer, denn mit der Verringerung des Anteils der DRG-Fallpauschalen am Krankenhauserlös sei es nicht mehr möglich, über Fallzahlsteigerungen das Kostendefizit auszugleichen. Zudem belaste der Mangel an ärztlichen, pflegerischen und weiteren Fachkräften die Krankenhäuser. „Es gibt zu wenig Geld und das Personal ist knapp – hier ist ökonomisches Handeln, also der effektive Einsatz knapper Ressourcen gefragt“, erläutert Schaffert. Lauterbachs Wortschöpfung der Entökonomisierung sei da völlig fehl am Platz. „Wenn Minister Lauterbach das Hamsterrad für das Personal in den Krankenhäusern abschaffen möchte, dann wäre ein deutlicher Bürokratieabbau wesentlich effektiver, damit Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal nicht mehr ein Drittel ihrer Arbeitszeit für administrative Tätigkeiten opfern müssen und sich auf ihre eigentliche Aufgabe der Versorgung konzentrieren können“, schlägt Schaffert vor.

Es sei allerdings fraglich, wie viele Krankenhäuser es überhaupt noch bis zur Wirkung der Krankenhausreform geben werde. Knapp 85 Prozent der Mitgliedshäuser des Klinikverbunds Hessen erwarteten für die Jahre 2023 und 2024 jeweils ein Millionendefizit. Dies bedeute einen erheblichen Zwang zu Einsparungen mit Auswirkungen auf die Versorgung und das Personal. Die kommunalen Träger der Krankenhäuser des Klinikverbunds Hessen könnten die Defizite nicht auf Dauer ausgleichen, da ansonsten die anderen Bereiche der kommunalen Daseinsvorsorge wie Kindergärten, Schulen und soziale Aufgaben darunter litten. „Insbesondere in den weniger finanzstarken Städten und Kreisen, in denen es oft auch soziale Brennpunkte gibt, kann die Notwendigkeit zur finanziellen Unterstützung der Krankenhäuser erhebliche Auswirkungen auch auf den sozialen Frieden haben. Eine solche Revolution will Gesundheitsminister Lauterbach sicher nicht!“, betont Schaffert.

Der durch die Unterfinanzierung aufgebaute ökonomische Druck sei der falsche Weg, auch wenn man der Ansicht sei, es gebe zu viele Krankenhäuser. Denn diese kalte Strukturbereinigung treffe alle Kliniken, auch diejenigen, die sicher bedarfsnotwendig seien. „Kein Politiker traut sich zu entscheiden, welche Krankenhäuser als notwendig betrachtet werden und welche nicht, stattdessen werden die Krankenhäuser insgesamt ausgeblutet und man hofft, dass überwiegend die richtigen auf der Strecke bleiben“, so Schaffert. Dies sei jedoch keinesfalls zielführend. Zudem sei selbst bei zunehmend ambulanter Behandlung fraglich, ob die Kapazitäten in den verbleibenden Kliniken und im ambulanten Bereich überhaupt ausreichten, um die Gesundheitsversorgung weiterhin auf hohem Niveau zu gewährleisten. Schließlich habe die Pandemie gezeigt, wie wichtig Krankenhauskapazitäten für die Versorgung und das Überleben der Betroffenen seien und die alternde Gesellschaft werde eher zu mehr als zu weniger Behandlungsnotwendigkeiten führen.

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