Nach dem Vorschlag der Regierungskommission und den Eckpunkten von Bund und Ländern zur Krankenhausreform sollen die Krankenhäuser des Levels Ii als intersektorale Gesundheitszentren eine zentrale Rolle an der Schnittstelle zwischen der ambulanten und stationären Versorgung der Patientinnen und Patienten darstellen. „Grundsätzlich ist diese Idee eines intersektoralen Gesundheitszentrums mit Überwindung der bisherigen starren Abgrenzung zwischen den Sektoren der ambulanten und der stationären Versorgung sehr gut und entspricht auch einer der Forderungen des Klinikverbunds Hessen“, meint Reinhard Schaffert, Geschäftsführer des Klinikverbunds Hessen. Denn die Alternative sei oft, dass kleinere Krankenhäuser aus wirtschaftlichen Gründen, wegen Fachkräftemangels oder weil Sie die steigenden Strukturanforderungen an stationäre Leistungen nicht mehr erfüllen können, schließen müssten und damit eine Versorgungslücke in der jeweiligen Region entstünde.
„Leider hat die Politik nicht den Mut gehabt, wenigstens diese Krankenhäuser tatsächlich vollständig für eine ambulante Versorgung zu öffnen“, stellt Schaffert fest. Stattdessen bleibe auch an Level-Ii-Häusern die ambulante Versorgung innerhalb der bestehenden kleinteiligen Regelungen für ambulante Behandlungen am Krankenhaus. Dies bedeute, dass jede Form der ambulanten Behandlung durch die Krankenhausärzte wie bisher beantragt werden müsse und entsprechend eingeschränkt sei. Eine Ermächtigung der Krankenhausärzte für die ambulante Behandlung müsse beispielsweise durch den zuständigen Zulassungsausschuss beschieden werden, in dem die Krankenhäuser nicht einmal vertreten seien.
„Um die ambulante Behandlung voranzubringen wäre es sinnvoller, wenn diese Gesundheitszentren mit dem durch die Krankenhausplanung des Landes zugewiesenen Status automatisch im Rahmen ihrer Fachkompetenz ambulant behandeln und dies über eine Pauschale abrechnen dürften“, erklärt Schaffert. Denn dann böten diese Standorte einen echten Mehrwert, in dem eine Behandlung durch die verschiedenen Fachbereiche und entsprechend des notwendigen Behandlungsbedarfs möglich gewesen wäre. In der jetzt vorgesehenen Form wäre dagegen jede Fachdisziplin und jede dort ambulant tätige Ärztin, jeder Arzt eigenständig ambulant tätig. Dies führe dazu, dass die Patientinnen und Patienten für jeden Behandlungsschritt und jede Mitbehandlung durch andere Fachbereiche einen neuen Termin mit neuer Wartezeit vereinbaren müssten. „So, wie es jetzt definiert ist, wäre Level-Ii ein MVZ mit angegliederten Betten; damit wird die Chance für eine echte durchgehende interdisziplinäre und sektorenfreie poliklinische Versorgung vertan“, meint Schaffert.
Auch die Definition der stationären Versorgungsbereiche der Level-Ii-Krankenhäuser könne nicht nachvollzogen werden, da in den Eckpunkten das Fach Allgemeinmedizin als zentrale Fachabteilung und Voraussetzung genannt sei. „Allgemeinmedizin gibt es als stationären Fachbereich bisher selten, insofern wäre eine allgemeinmedizinische stationäre Behandlung durchaus innovativ. Dieses Fach gleich als zwingende Voraussetzung (‚mindestens‘) einzuführen, sollte allerdings noch überdacht werden“, erklärt Schaffert.
Die von Gesundheitsminister Lauterbach versprochene Entbürokratisierung sehe Schaffert auch nicht. „Nur einen Tagessatz statt der DRG-Abrechnung und nur für die stationären Behandlungen einzuführen, entlastet kaum, insbesondere wenn dieser Tagessatz mit den Kassen zu verhandeln ist und es in der ambulanten Abrechnung bei der kleinteiligen Vielfalt bleibt“, stellt er fest. Eine nach der Behandlungsintensität gestaffelte durchgängige Pauschale für ambulante und stationäre Behandlung sei eine bessere Alternative.
Die Level-Ii-Krankenhäuser könnten nur bestehen und ausreichend Fachkräfte anwerben, wenn sie attraktiv für Pflegepersonal sowie Ärztinnen und Ärzte seien, indem diese sich möglichst wenig um Formalien und Abrechnung Gedanken machen müssten und sich auf die Behandlung der Patientinnen und Patienten konzentrieren könnten. Dies sei unter den in den Eckpunkten skizzierten Rahmenbedingungen fraglich.
Wenn eine vermehrte ambulante statt stationärer Behandlung gewünscht sei, dann ginge dies schon aus Kapazitätsgründen nur, wenn auch Krankenhäuser – gerade die kleineren Krankenhäuser – umfassend an der ambulanten Behandlung beteiligt wären. Zudem bräuchten komplexere ambulante Behandlungen im Hintergrund die Möglichkeit, die Patientinnen und Patienten falls notwendig doch noch stationär zu behandeln oder überwachen. Da auch bei ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten das Interesse an angestellter Tätigkeit – ggf. auch in Teilzeit – zunehme, könnten die Level-Ii-Krankenhäuser eine ideale Plattform dafür sein. Daher sollte die Chance ergriffen werden, mit diesen Kliniken gerade in ländlichen Regionen eine offene sektorfreie Behandlungsmöglichkeit unter bürokratiearmen und flexiblen Arbeitsbedingungen zu bieten.
„Die Level-Ii-Krankenhäuser hätten tatsächlich das Potential, die Versorgung der Bevölkerung auch dort sicherzustellen, wo eine höherwertige Krankenhausversorgung nicht mehr leistbar ist und auch den kleineren Krankenhäusern und ihren Beschäftigten eine Perspektive zu bieten – in der jetzigen Definition durch die Eckpunkte wird dieses Potential leider nicht genutzt,“ resümiert Schaffert.