Geld oder Leben

Auf dem Kongress #ZukunftGesundheit2019 des Klinikverbunds Hessen e. V. hielt Reinhard Schaffert einen Vortrag über die wahren Werte der Gesundheitspolitik.

 |  Wiesbaden

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Gesundheitspolitik reden wir zu viel über das Geld! Oder – besser gesagt – wir reden in der falschen Reihenfolge, denn wir reden meist zuerst über das Geld. Zweifellos ist Geld wichtig, denn es ist die Voraussetzung für das, was wir im Gesundheitssystem tun. Doch zuallererst sollten wir vielleicht darüber sprechen, was unsere eigentliche Aufgabe im Gesundheitssystem ist, nämlich die Gesundheitsversorgung der Menschen.

Doch auch wenn wir über Versorgung reden, haben wir oft eine falsche Perspektive. Wir reden über unser Krankenhaus, über uns als Ärztinnen und Ärzte, Pflegende oder Manager von Gesundheitseinrichtungen und dann reden wir auch ganz schnell wieder über das Geld.

Ich nehme mich da selbst nicht aus. Als Interessenvertreter der öffentlichen Krankenhäuser in Hessen ist es sogar meine Pflicht die Gesundheitspolitik und Versorgung aus Krankenhaussicht zu sehen.  Es ist meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass die für uns natürlich herausragende und unverzichtbare Rolle der Krankenhäuser in der Versorgung auf der politischen Ebene wahrgenommen wird.

Und doch beschleicht mich das Gefühl, dass auch dies noch die falsche Diskussion und Argumentation in der Reihenfolge der Werte ist, um die es bei der Gestaltung unseres Gesundheitssystems geht. Denn ein Krankenhaus – genauso wie jeder andere Dienstleister im Gesundheitssystem – ist kein Selbstzweck. Ein Krankenhaus hat per se keine Existenzberechtigung, daher gibt es auch keine Überlebensgarantie und schon gar nicht die zwingende Notwendigkeit für – wieder das liebe Geld – schwarze Zahlen. Die mindestens einmal jährlich verbreitete Nachricht, welcher Anteil der Krankenhäuser Verluste schreibt ist daher nüchtern betrachtet und für sich allein gesehen kein Anlass für gesundheitspolitisches Handeln.

Wir diskutieren und argumentieren in der Regel aus Verbandssicht und das gesundheitspolitische Handeln dient in erster Linie der Befriedigung der Verbandsinteressen – mal in Richtung Krankenhaus, mal in Richtung Krankenkassen, mal Richtung Pflege und mal Richtung Ärzte. So pendelt sich die Gesetzgebung und Gesundheitspolitik zwischen den verschiedenen Verbandsinteressen – je nach Kassenlage, aktuellem Einfluss und politische Ambitionen der Beteiligten – hin und her.

Wir könnten also einfach so weiter machen: Wir haben einen Kuchen von rund 300 Mrd. Euro an Gesundheitsausgaben und jeder von uns Beteiligten sieht zu, ein möglichst großes Stück davon abzubekommen.

Dies aber führt dazu, dass wir unsere eigentliche Aufgabe, unser eigentliches Ziel aus den Augen verlieren. Fast möchte man meinen, Patientinnen und Patienten stören nur unser Gesundheitssystem – oder wie sonst ist der Vorschlag zu verstehen, Strafgebühren für Patienten vorzusehen, die nicht das tun, was wir als Gesundheitsdienstleister oder Politiker von ihnen erwarten und beispielsweise einfach in die Notaufnahme kommen?

Ich finde aber, wir sollten uns wieder genau darauf besinnen: Auf unsere eigentliche Aufgabe, auf unser eigentliches Ziel, auf die Patientinnen und Patienten. Wir alle – Gesundheitspolitiker, Gesundheitsdienstanbieter und Kostenträger – sollten Versorgung und Gesundheitspolitik aus der Sicht der Patientinnen und Patienten sehen. Wir sollten uns fragen, wie wir Versorgung so gestalten können, dass es den Menschen der Region und den Patienten nützt. Denn für die Patientinnen und Patienten geht es gegebenenfalls um ihr Leben.

Wenn wir uns davon ausgehend Gedanken gemacht haben, wie wir über jedes Lager- und Verbandsdenken hinweg die Hindernisse beseitigen und den Weg frei machen können für eine gute Versorgung aller Menschen, die unserem Gesundheitssystem anvertraut sind, dann – dann erst – müssen wir über das Geld reden. Aber das ist dann auch ein gesellschaftlicher Diskurs, wieviel uns die Gesundheitsversorgung wert ist, wieviel Geld wir für das Leben ausgeben.

 

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