Die Finanzierungslücken der Krankenhäuser nehmen dramatisch zu

Klinikverbund Hessen fordert ausreichende Finanzierung von Investitionen, Pflegekosten und den extrem steigenden Preisen für die Krankenhäuser

"Die Krankenhäuser in Hessen müssen über 35% der Investitionskosten aus eigenen Mitteln finanzieren – wegen steigender Baukosten sogar bis zu 50%. Doch wo sollen die herkommen, wenn gleichzeitig die Pflegepersonalkosten trotz gegenteiliger Versprechen vorfinanziert werden müssen, die Energiekosten und in der Folge auch die allgemeinen Preise in die Höhe schießen und die CORONA-Hilfen am 19. März auslaufen, obwohl die Pandemie noch längst nicht überstanden ist und die Kliniken weiter belastet?"

So stellt Geschäftsführer Reinhard Schaffert die aktuelle Situation der Krankenhäuser anlässlich der Mitgliederversammlung des Klinikverbunds Hessen e. V. dar. Es müsse endlich ein Ende haben, dass die Krankenhäuser immer in Vorleistung gehen müssten, sei es beim Pflegebudget, bei Tarifsteigerungen oder bei der allgemeinen Kostenentwicklung, die aktuell angesichts des Krieges in der Ukraine unabsehbar in die Höhe schieße. "Dazu ist einfach kein Spielraum mehr da, denn diese Kosten und Vorleistungen können die Krankenhäuser nur stemmen, wenn sie entweder Gewinne bei den Behandlungserlösen erzielen oder an anderer Stelle Kosten einsparen – beides ist inzwischen kaum noch möglich", erklärt Clemens Maurer, Vorstandsvorsitzender des Klinikverbunds Hessen und konkretisiert: "Unser Haus muss wegen der schleppenden Verhandlungen seit 2020 rund 19 Millionen Euro an Personalkosten für die Pflege vorlegen und in 2022 werden es noch einmal 13 Millionen sein. Bis dieses Geld über zu vereinbarende Ausgleiche zurückfließt werden noch Jahre vergehen". Die Politik habe mit dem Pflegepersonalstärkungsgesetz nicht nur versprochen, die Pflegepersonalkosten vollständig zu refinanzieren, sondern auch das Ziel gehabt, die Situation der Pflege zu verbessern und Anreize für zusätzliche Stellen und entlastende Maßnahmen zu geben. Dies sei jedoch nicht möglich, wenn die Krankenhäuser dazu in Vorleistung gehen müssten.

Ähnliches gelte auch für andere Finanzierungsprojekte wie den Struktur- und Zukunftsfonds. Hier seien Antragsstellung sowie deren Prüfung durch das Bundesamt für Soziale Sicherung und das Land so aufwändig und schleppend, dass die damit verfolgten Ziele nicht in der vorgesehenen Frist erreicht werden könnten. Wenn, wie beim Krankenhauszukunftsgesetz, konkret zu erreichende Ziele vorgegeben wären und deren Nichterreichung sanktioniert würde, dann bräuchte es auch kein so aufwändiges Antragsverfahren im Vorfeld. Insgesamt habe in den letzten Jahren der bürokratische Aufwand in vielen Bereichen erheblich zugenommen und entziehe der eigentlichen Aufgabe der Patientenversorgung immer mehr Ressourcen.

In der öffentlichen und politischen Diskussion werde oft unterstellt, die Krankenhäuser wollten sich bereichern und die Krankenhausversorgung werde kommerzialisiert. "Tatsache ist, dass wir öffentlichen Krankenhäuser jeden verfügbaren Cent wieder in die Versorgung stecken, dennoch müssen auch öffentliche Krankenhäuser angesichts begrenzter Mittel nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden", stellt Schaffert klar. Die Politik könne jedoch nicht einerseits die Einnahmen der Krankenhäuser festlegen und begrenzen und andererseits bei den Kosten dem Markt freien Lauf lassen.

In der aktuellen Situation seien aus Sicht des Klinikverbunds Hessen kurz und mittelfristige Maßnahmen erforderlich:

Sofortmaßnahmen

  • Erhöhung des vorläufigen Pflegeentgeltwertes
    • auf mindesten 250 €
    • automatische jährliche Anpassung aller Pflegeentgeltwerte um den Veränderungswert
      als Motivation zur Beschleunigung der Verhandlungen
  • Medizinischer Dienst:
    • Aussetzung der Abrechnungs- und Strukturprüfungen
    • Generelle Absenkung der Prüfquote auf 5%
    • Abschaffung der Aufschläge bei Rückzahlungen.
  • Anpassung des Mindererlösausgleichs für das Jahr 2021/2022
    • Basis 100% der Erlöse 2019 (statt 98%)
  • Fortführung der COVID-Versorgungszuschläge und Ausgleichszahlungen über den 19. März hinaus
  • Einführung eines Energiekosten- bzw. Inflationszuschlags auf den Landesbasisfallwert
  • Ergänzende Landesregelung zum Sicherstellungszuschlag, um notwendige Kliniken in strukturschwachen Regionen zu erhalten

Mittelfristige Maßnahmen:

  • Dauerhafte Beibehaltung der Zahlungsfrist von fünf Tagen für die Vergütung von Krankenhausleistungen
  • Beschleunigung und Entbürokratisierung der Budgetverhandlungen:
    • Abschließende gesetzliche Festlegung erforderlicher Unterlagen
      (zur Vermeidung permanenter Nachforderungen von Unterlagen durch die Kostenträger als Strategie der Verzögerung)
    • Verringerung der Testat-Pflichten
    • Keine Infragestellung von Testaten und rechtsverbindlichen Erklärungen
    • Bei Aufforderung zur Verhandlung durch das Krankenhaus vorläufige Festsetzung der Forderung nach 12 Wochen
  • Reform der Krankenhausfinanzierung
    • Auskömmliche Investitions-, Betriebskosten- und Vorhaltefinanzierung
    • Beteiligung von Krankenhauspraktikern an der geplanten Expertenkommission
  • Spürbare Entlastung von bürokratischen Aufwänden und Vorgaben, unter anderem in den Bereichen
    • Qualitätssicherung
    • Personaleinsatz (Pflegepersonaluntergrenzen)
    • Prüfungen durch den Medizinischen Dienst
    • Prüfaufwände bei der Vergabe von Bundesmitteln (KHZG)

Stattdessen Schaffung von Leitplanken, in denen sich die Krankenhäuser bewegen und entfalten können.

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